10. Mai 2017

I.S.A.R. Germany erneut durch Vereinte Nationen zertifiziert

Die Hilfsorganisation ISAR Germany ist durch die Vereinten Nationen erneut für internationale Rettungseinsätze zertifiziert worden. Nach einem Einsatztest im Übungsdorf der Schweizer Armee in Epeisses bei Genf nahm I.S.A.R.-Präsidentin Dr. Daniela Lesmeister am Mittwoch die Urkunde entgegen, die von dem UN-Repräsentanten Winston Chang übergeben wurde. Nach 2007 und 2012 war es der dritte Einsatztest, den I.S.A.R. erfolgreich absolviert hat.

Für Daniela Lesmeister ist der bestandene Einsatztest ein „Zeichen für die hohe Qualität der Arbeit des Rettungsteams von ISAR Germany“. Sie würdigte zugleich die Arbeit der I.S.A.R.-Mitglieder aus ganz Deutschland, die fast alle ehrenamtlich tätig sind. „Jedes Jahr bereiten sie sich in unzähligen Stunden bei gemeinsamen Übungen auf die weltweiten Hilfsmissionen vor. Dies Engagement ist unbezahlbar und kann nicht genug gewürdigt werden. Ich bin stolz auf das Team“, so Lesmeister. 

Rund 50 Mitglieder von I.S.A.R. Germany hatten sich seit Montag dem Einsatztest in Epeisses gestellt. Simuliert wurde ein Erdbeben der Stärke 7,5. Zahlreiche Gebäude wurden zerstört, es gab laut Drehbuch viele Verletzte und Verschüttete.

I.S.A.R. Germany hatte die Aufgabe, mit Rettungshunden und Ortungstechnik nach Verschütteten zu suchen. Anschließend mussten die eingeschlossenen Menschen aus den Trümmern befreit werden. Rund um die Uhr arbeiteten sich zwei Einsatzgruppen abwechselnd durch Betondecken und -wände, versorgten die Verletzten noch unter den Trümmern medizinisch und brachten sie dann aus den eingestürzten Gebäuden. Dafür mussten die Verletzten auch abgeseilt werden.

Die Übungen fanden unter Aufsicht von Prüfern statt, die durch die UN-Organisation INSARAG (International Search and Rescue Advisory Group) berufen sind. Diese nahmen auch das Zusammenspiel mit anderen Hilfsorganisationen und der UN sowie das Einsatzmanagement von ISAR Germany unter die Lupe. Grundlage dafür ist das Regelwerk der INSARAG für internationale Einsätze zur Suche und Rettung von Menschen nach Katastrophen.

INSARAG-Sekretär Winston Chang sagte, er sei stolz darauf, dass seine Organisation inzwischen mit 49 Teams aus der ganzen Welt mehr Mitglieder habe als je zuvor. „Das eigene Wissen teilen und von anderen lernen ist der Geist, welcher INSARAG von Beginn an leitet und der uns auch in Zukunft tragen wird“, erklärte er. Den großen Jubel des ISAR-Teams, der nach Verkündigung des Prüfungsergebnisses ausbrach, kommentierte Chang lächelnd mit den Worten: „Es scheint, als habe Deutschland gerade wieder die Fußballweltmeisterschaft gewonnen.“

An dem Einsatztest im Übungsdorf Epeisses bei Genf nahmen Teams aus Deutschland, der Schweiz, Frankreich und Großbritannien teil. Gastgeber waren die Humanitäre Hilfe der Schweiz sowie die Schweizer Armee. In Deutschland ist neben der I.S.A.R. nur das Technische Hilfswerk (THW) von der INSARAG für internationale Katastropheneinsätze zertifiziert; das THW wurde bei dieser Großübung nahe Genf ebenfalls erfolgreich reklassifiziert.

Fotos: Stefan Sobotta

Winston Chang, INSARAG (International Search and Rescue Advisory Group der Vereinten Nationen) übergibt Dr. Daniela Lesmeister (Praesidentin ISAR Germany) die Reklassifizierungsurkunde.

 

Gruppenfoto des ISAR Teams nach erfolgreicher Reklassifizierung zusammen mit den Klassifizierern.

9. Mai 2017

Operationsbasis schont die knappen Ressourcen im Katastrophengebiet

Nicht nur die Kapazitäten von I.S.A.R. Germany, im weltweiten Katastropheneinsatz Menschen zu retten und medizinisch zu versorgen, werden gegenwärtig in der Schweiz bei einer Großübung getestet. Auch für die Fähigkeit, eine autark funktionierende Operationsbasis am Einsatzort einzurichten, welche die knappen Ressourcen der Einheimischen nicht zusätzlich belastet, interessieren sich die von der UNO beauftragten Prüfer. Binnen weniger Stunden schaffte es das eingespielte I.S.A.R.-Team auch diesmal wieder, ein Camp für genau 50 Einsatzkräfte samt ihrer Rettungshunde aufzubauen, das neben Sanitäranlagen und Elektrifizierung auch Wasseraufbereitung und eine große Feldküche umfasst.

Betreten wird die Base of Operation, kurz BoO genannt, grundsätzlich durch den Schwarz-Weiß-Bereich. Im vorderen Teil hängen die vom Einsatz Zurückkehrenden ihre verschmutzte und häufig kontaminierte Kleidung auf und reinigen sich und die Stiefel, im angrenzenden Weiß-Bericht hängt ihre saubere Lagerkleidung. Erst danach geht es ins Camp selbst.

In der Hälfte der am Trainingsort nahe Genf errichteten Großzelte stehen die von Moskitonetzen umschlossenen Feldbetten. Die anderen beherbergen Funktionsräume. Dazu gehört die Wasseraufbereitung, installiert und beaufsichtigt von Benno Riehl. Ist das verwendete Wasser nicht übermäßig belastet, erzeugt seine Anlage bis zu 100 Liter Trinkwasser pro Stunde, erklärt der Koblenzer. In Reagenzgläsern und einem Inkubator misst er ständig eine Vielzahl von Inhaltsstoffen.Sein Hauptaugenmerk gilt dabei „der Mikrobiologie, denn die vermehrt sich rasend schnell, macht uns krank, führt zu Durchfällen“, sagt Benno Riehl. 

Ein Großabnehmer des hier erzeugten „Weißwassers“ ist die Camp-Gastronomin Martina Grinnus. Hinter einem mobilen Herd stapeln sich im Küchenzelt zahlreiche Metallkisten mit Fertignahrung und Vorgekochtem. Die Aufschriften begnügen sich mit der Angabe der Tageszeit: Früh, Mittag oder Abend. Faustregel ist, dass ein Einsatzteam sich zehn Tage lang aus eigenen, mitgebrachten Mitteln ernähren soll, um die nach einem Erdbeben oder Wirbelsturm verknappten Vorräte im Krisengebiet zu schonen.

Und dann gibt es noch die Kisten mit der Aufschrift „Süß“. Die Energieriegel, Lakritze und zuckrigen Snacks sind im Einsatz ganz wichtig, weiß Martina Grinnus. „Draußen im Feld können sie über Stunden nur wenig und unregelmäßig essen, da sorgen Süßigkeiten schon einmal für die nötige Motivation“, erläutert die Hamburgerin. Und so überrascht auch ihre Antwort auf die Frage nicht, was denn in ihrer Feldküche am besten gehe: „Nutella“, sagt sie unumwunden. Der strapazierte Körper der Helfer holt sich halt, was er braucht.

Fotos: Stefan Sobotta

9. Mai 2017

I.S.A.R.-Spezialisten bauen Seilbahn zur Menschenrettung

Es waren lange Stunden, die der Verschüttete im Hotel „Casino“ liegen musste, bevor das Bergungsteam der I.S.A.R. Germany sich mit schwerem Gerät zu ihm vorgearbeitet hatte und ihn mit einer Schleifkorbtrage an einem Seilzug vom zehn Meter hohen Hotel retten konnte. Für den Stellvertretenden Team-Leiter Michael Lesmeister und seine Leute, die bereits am Montagabend mit der Bergung begonnen hatten.

„Wir mussten uns durch ein dickes Dach aus Beton arbeiten und im Gebäude noch eine Zwischenwand durchbrechen“, sagte Lesmeister, der den ersten I.S.A.R.-Bergungszug bei der UN-Zertifizierung Achilles 2017 im Übungsdorf Epeisses in der Südschweiz leitet. Gemäß dem Drehbuch hatte der junge Mann, der eigentlich Soldat der Schweizer Armee ist und während der Übung einen Dorfbewohner mimt, Verletzungen im Bereich der Wirbelsäule. „Wir müssen mit solchen Verletzungsmustern sehr vorsichtig vorgehen“, berichtete Michael Lesmeister und erklärte so auch den speziellen Rettungsweg des Patienten mit einer eigens dafür gebauten Seilbahn. Bereits im Hotel waren Sanitäter zu ihm vorgedrungen und hatten ihn erstversorgt.

Doch erst nach der Rettung konnte der Soldat intensiv durch das Medical Team betreut und in einem Feldlazarett der Schweizer Armee weiterversorgt werden. Nach der Rettung machte sich das Team der I.S.A.R. auf, um am nächsten Gebäude, einem zerstörten Krankenhaus, eine eingeschlossene Person zu retten. Mit einem Bergekran, hydraulischen Hebekissen und einem Rettungsspreizer machten sie sich dort an die Arbeit.

Fotos: Paul-Philipp Braun

9. Mai 2017

Kniffliger Nachteinsatz für I.S.A.R.

Im Rahmen der seit Sonntag laufenden Großübung Achilles im Südwestzipfel der Schweiz musste die Hilfsorganisation I.S.A.R. Germany von Montag auf Dienstag einen besonders kniffligen Nachteinsatz bewältigen. Unter den allzeit wachen Blicken einer international zusammengesetzten Gruppe von Kontrolleuren ging es auch hier darum, erneut für die nächsten fünf Jahre von der UNO als tauglich für den globalen Rettungseinsatz nach schwersten Naturkatastrophen klassifiziert zu werden.

Die Trainings-Aufgabe, nach einem fiktiven Erdbeben aus den Trümmern des massiv beschädigten Hotels „Casino“ Überlebende zu retten, erwies sich als hochkomplex. Die I.S.A.R.-Experten schätzten die erwartete Dauer des Einsatzes auf mindestens zwölf Stunden.

Schon am Montagmorgen hatten bei einer ersten Untersuchung dieses Sektors der zerstörten Ortschaft Épeisses Suchhunde Witterung zu Verschütteten aufgenommen. Deshalb konzentrierte sich der mit schwerem Gerät angerückte Bergungszug auf dieses Gebäude. Der Einsatz einer ferngesteuerten Kamera, Rufe und Klopfzeichen bestätigten, dass mindestens zwei Überlebende unter dem Gewirr aus Steinen und verbogenem Metall auf ihre Lebensrettung hofften.

Der vor Ort für die Sicherheit des Einsatzes verantwortliche I.S.A.R.-Experte, Torgen Mörschel aus dem sauerländischen Wenden, schilderte die Besonderheit der Aufgabenstellung: „Wir können nur durch das aus massivem Beton bestehende Dach zu den Verschütteten vordringen. Das mehrstöckige Gebäude ist abgesackt und kann jederzeit weiter abrutschen.“

Mit Hilfe eines Wurfsacks gelangten die Berger auf das stark geneigte Dach, leuchteten die Einsatzstelle mit Flutlicht aus und machten sich daran, eine Öffnung durch die Betondecke zu bohren, um sich ins Innere abzuseilen. „Der Hotelbesitzer hat uns berichtet, dass 18 der 25 Zimmer belegt waren und bis zu 17 Menschen vermisst werden“, schilderte Mörschel die von der Übungsregie vorgegebene Ausgangslage. „Da die Küche mit Gas betrieben wurde, müssen wir zudem ständig Messungen am Einsatzort vornehmen.“

In der gespenstisch ausgeleuchteten Ruine des „Casino“-Hotels mussten die I.S.A.R.-Leute (Berger, Hundeführer und medizinische Rettungskräfte) deshalb die ganze Nacht zwei Übungs-Prioritäten gleichwertig verfolgen: Zum einen rasch vorankommen, um möglichst viele Verschüttete zu finden, und zweitens jederzeit die eigene Sicherheit gewährleisten.

Text: Clemens Wortmann
Fotos: Stefan Sobotta/ Paul-Philipp Braun

8. Mai 2017

I.S.A.R.-Vorausteam kommt im Erdbeben-Übungsgebiet an

Zerstörte Häuser, kaputte Stromleitungen und ein aufgebrachter Mob in der Ortsmitte – Es war eine unübersichtliche Lage, die sich unserem Vorausteam bot, als es am Montagmittag gegen 11 Uhr im schweizerischen Epeisses mit einem Hubschrauber der Schweizer Armee landete. Bereits seit Sonntagmittag sind 50 Experten von I.S.A.R. Germany unterwegs, um bei der Großübung Achilles in der südlichen Schweiz ihr Können unter Beweis zu stellen und sich dadurch auch als Team der UN-Organisation INSARAG zum wiederholten Mal zertifizieren zu lassen.

Nach der Alarmierung am Sonntag und der Fahrt zum Militärflughafen von Payerne startete am Morgen ein Transporthubschrauber in das Dorf Epeisses, in dem sich, so will es das Drehbuch der Übung, ein Erdbeben der Stärke 7,1 auf der Richterskala ereignet habe. An Board des Hubschraubers: Ein Vorausteam mit dem Equipment für eine provisorische Einsatzleitung der Vereinten Nationen, zwei Rettungshundeteams sowie ISAR-Mitglieder, die speziell für die Einschätzung von Katastrophenlagen, das sogenannte Assessment, ausgebildet sind.

Nach 25 Flugminuten landete der Helikopter in dem Übungsdorf nahe der französischen Grenze. Empfangen wurde das insgesamt 12-köpfige Vorausteam dort von einem aufgebrachten Mob, der bereits seit mehr als einem Tag auf Hilfe wartete und mit lauten und teilweise aggressiv-wirkenden Reaktionen auf das Eintreffen der Helfer reagierte. Während sich das Vorausteam im Anschluss bei den örtlichen Behörden über die Sicherheitslage und bereits erfasste Zerstörungen informierte und erste Erkundungen des Geländes durchführte, machten sich die anderen ISAR-Mitglieder mit einem Bus auf den Weg vom Militärflughafen ins Schadensgebiet.

Vor Ort angekommen, wurde zunächst das Basislager in einem Wald nahe des Übungsdorfs aufgebaut, bevor sich weitere Hundeteams, ein Zug zur Bergung sowie Mediziner auf den Weg nach Epeisses machten, um dort zu helfen.

Text: Paul-Philipp Braun
Fotos: Stefan Sobotta/ Paul-Philipp Braun