Im Rahmen der seit Sonntag laufenden Großübung Achilles im Südwestzipfel der Schweiz musste die Hilfsorganisation I.S.A.R. Germany von Montag auf Dienstag einen besonders kniffligen Nachteinsatz bewältigen. Unter den allzeit wachen Blicken einer international zusammengesetzten Gruppe von Kontrolleuren ging es auch hier darum, erneut für die nächsten fünf Jahre von der UNO als tauglich für den globalen Rettungseinsatz nach schwersten Naturkatastrophen klassifiziert zu werden.

Die Trainings-Aufgabe, nach einem fiktiven Erdbeben aus den Trümmern des massiv beschädigten Hotels „Casino“ Überlebende zu retten, erwies sich als hochkomplex. Die I.S.A.R.-Experten schätzten die erwartete Dauer des Einsatzes auf mindestens zwölf Stunden.

Schon am Montagmorgen hatten bei einer ersten Untersuchung dieses Sektors der zerstörten Ortschaft Épeisses Suchhunde Witterung zu Verschütteten aufgenommen. Deshalb konzentrierte sich der mit schwerem Gerät angerückte Bergungszug auf dieses Gebäude. Der Einsatz einer ferngesteuerten Kamera, Rufe und Klopfzeichen bestätigten, dass mindestens zwei Überlebende unter dem Gewirr aus Steinen und verbogenem Metall auf ihre Lebensrettung hofften.

Der vor Ort für die Sicherheit des Einsatzes verantwortliche I.S.A.R.-Experte, Torgen Mörschel aus dem sauerländischen Wenden, schilderte die Besonderheit der Aufgabenstellung: „Wir können nur durch das aus massivem Beton bestehende Dach zu den Verschütteten vordringen. Das mehrstöckige Gebäude ist abgesackt und kann jederzeit weiter abrutschen.“

Mit Hilfe eines Wurfsacks gelangten die Berger auf das stark geneigte Dach, leuchteten die Einsatzstelle mit Flutlicht aus und machten sich daran, eine Öffnung durch die Betondecke zu bohren, um sich ins Innere abzuseilen. „Der Hotelbesitzer hat uns berichtet, dass 18 der 25 Zimmer belegt waren und bis zu 17 Menschen vermisst werden“, schilderte Mörschel die von der Übungsregie vorgegebene Ausgangslage. „Da die Küche mit Gas betrieben wurde, müssen wir zudem ständig Messungen am Einsatzort vornehmen.“

In der gespenstisch ausgeleuchteten Ruine des „Casino“-Hotels mussten die I.S.A.R.-Leute (Berger, Hundeführer und medizinische Rettungskräfte) deshalb die ganze Nacht zwei Übungs-Prioritäten gleichwertig verfolgen: Zum einen rasch vorankommen, um möglichst viele Verschüttete zu finden, und zweitens jederzeit die eigene Sicherheit gewährleisten.

Text: Clemens Wortmann
Fotos: Stefan Sobotta/ Paul-Philipp Braun

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