Über 800 Patienten hat das medizinische Team von I.S.A.R. Germany und vom Fachbereich Humanitäre Hilfe des BRH Bundesverbandes Rettungshunde nach dem schweren Erdbeben in Haiti behandelt. „Der Einsatz auf der Insel Les Cayemites war ein großer Erfolg“, sagte der medizinische Leiter des Teams Henri Paletta nach der Rückkehr des Teams am Donnerstagmorgen am Flughafen Köln/Bonn. „Wir konnten durch den schnellen Einsatz mit dazu beitragen, Menschen in Not zu helfen“. Das Erdbeben habe eines der ärmsten Länder der Welt getroffen. Durch die Vielzahl der Verletzten sei das sowieso schon marode Gesundheitssystem vollkommen überfordert worden.

I.S.A.R Germany und BRH waren in Haiti mit einem so genannten Emergency Medical Team (EMT1) im Einsatz. EMT 1 bedeutet, dass die Behandlung von Patienten in einer feldmäßig eingerichteten Notaufnahme mit mehreren medizinischen Fachrichtungen gewährleistet werden kann. Seit 2018 ist das EMT durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zertifiziert. Das EMT bestand aus 35 Mitgliedern, darunter Ärzte, Pflegepersonal und Sanitäter. Mit dabei waren auch ein Baufachberater, ein Experte für Wasseraufbereitung und Logistiker.

Einsatzleiter Michael Lesmeister verwies auf die enormen logistischen Herausforderungen für das Team. „Die Mannschaft musste ihre elf Tonnen Ausrüstung bei großer Hitze von mehr als 35 Grad Celsius auf einem Schiff verstauen, um diese auf die Insel Les Cayemitis transportieren zu können. Da das Schiff an der Insel nicht an Land anlegen konnte, blieb nur der Transport mit kleinen Fischerbooten.“ Zu der Ausrüstung gehörten neben dem medizinischen Equipment auch Zelte, Generatoren und eine Wasseraufbereitungsanlage.

Medizinische Hilfe dringend benötigt

Die Mediziner des deutschen Teams waren auf der Insel mit den unterschiedlichsten Verletzungsmustern und Erkrankungen konfrontiert. Sie reichten von gebrochenen Armen und Beinen über größere offene Wunden bis hin zu schweren Verbrennungen. Die Verletzungen hatten sich die Menschen bei dem schweren Erdbeben am 14. August 2021 zugezogen. „Das medizinische System in Haiti war mit dem Massenanfall von Verletzten vollkommen überfordert“, berichtet Henri Paletta. „Die Menschen auf der Insel sind zudem bereits seit vielen Jahren nicht richtig medizinisch versorgt worden. Hinzu kommt der Mangel an Nahrungsmitteln und Trinkwasser“.  Dies habe dazu geführt, dass auch viele Patienten mit Erkrankungen behandelt werden mussten, die auf die bittere Armut und die schlechten hygienischen Bedingungen zurückzuführen waren. Dazu zählten insbesondere Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes, Hauterkrankungen und diverse Infektionen.

„Mutter und Kind Modul“ im Einsatz

Unter den Patienten waren auch über 200 Kinder und über 90 Schwangere. Während des Einsatzes auf der Insel Les Cayemites brachten zwei Frauen ihre Kinder im Feldlazarett des deutschen Teams zur Welt. Betreut wurden sie u.a. von Hebamme Kay Saskia Beckmann. „Die Bedingungen für Schwangere auf der Insel sind schlecht“, so Beckmann. „Die Menschen sind wirklich bitterarm und können sich medizinische Hilfe kaum leisten, wenn diese überhaupt verfügbar ist.“ Wie wichtig eine gute medizinische Versorgung ist, zeigte die Geburt der beiden Kinder im Feldlazarett. „Da die Kinder während der Schwangerschaft nicht optimal lagen, konnten wir mit unserem medizinischen Team schnell helfen und dazu beitragen, dass die beiden Jungen, Michael und Christian, gesund das Licht der Welt erblickten“, berichtet die Hebamme.

Erstmals kamen in Haiti auch Teile des neuen „Mutter und Kind Modul“ zum Einsatz. Dieses verfügt über eine spezielle Ausrüstung, um schwangere Frauen, Neugeborene und Kleinkinder medizinisch versorgen zu können, so zum Beispiel Equipment zur Geburtshilfe, spezielle Medikamente für Kinder und Kindernahrung. Das Modul war auf Grundlage von Erfahrungen zahlreicher Katastropheneinsätze entwickelt worden. Es hatte sich immer wieder gezeigt, dass nach Katastrophen für schwangere Frauen, Neugeborene und Kleinkinder kaum spezielle medizinische Behandlung angeboten wird. Durch das „Mutter und Kind“ Modul kann diese Versorgungslücke geschlossen werden.

Hilfe zur Selbsthilfe

Die auf der Insel tätige haitianische Krankenschwester wurde vom Team intensiv mit in die Arbeit einbezogen. Dadurch konnte ein großer Wissenstransfer sichergestellt werden, der dafür sorgt, dass auch in Zukunft die Menschen auf der Insel von dem Einsatz profitieren. An die kleine Krankenstation der Insel wurde zudem ein Teil der Ausrüstung des deutschen Teams übergeben, um nachhaltig für eine bessere medizinische Versorgung der Bewohner zu sorgen. Dazu zählen auch Medikamente, Gipsbandagen, Verbandstoffe und Desinfektionsmittel. In Zusammenarbeit mit der Krankenschwester konnte auch die Weiterbehandlung der durch das deutsche Team erstversorgten Patienten sichergestellt werden.

Parallel zum Einsatz in Haiti gab es Gespräche mit dem Botschafter der Republik Haiti in Deutschland. Dabei wurde vereinbart, mittelfristig weitere humanitäre Projekte in Haiti voranzubringen. Auch die Aus- und Fortbildung von Rettungskräften wurde angeregt.

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